Schon kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Ende Januar 1933 waren Homosexuelle in Deutschland der Verfolgung ausgesetzt. Bereits im März 1933 wurden entsprechende Kneipen in Berlin und anderen Städten geschlossen. 1934 setzte die systematische Verfolgung ein.

Am 24. Oktober 1934 ordnete die preußische Geheime Staatspolizei in einem Telegramm die reichsweite Erfassung "sämtlicher Personen, die sich irgendwie homosexuell betätigt haben" an. In München wurden im Oktober 1934 erste Razzien durchgeführt. Im Mai 1935 waren reichsweit 513 homosexuelle Männer in Konzentrationslagern gefangen gehalten.

Im Sommer 1935 wurde der Strafrechtsparagraph 175 erheblich verschärft. Nun waren auch schon "eindeutige Blicke und Anbahnungsversuche" strafbar.  Nach dieser Verschärfung des § 175 setzte eine neue Verfolgungswelle ein. Über 100.000 Männer wurden im Herbst 1935 polizeilich erfasst und verhaftet. Auch Bürger der Stadt Hammelburg waren davon betroffen.

 


Ende September 1935 wurde der langjährige Leiter der Bezirkssparkasse Hammelburg (1923 - 1935), Eugen Vorndran, verhaftet.  Von ihm war stadtbekannt, dass er eine homosexuelle Beziehung zu einem Oberinspektor des Bezirksamtes Hammelburg hatte. Dieser beging daraufhin einen Selbstmordversuch am Kruppsteg in der Saale. Dem verhafteten Sparkassenleiter wurde von der NS-Strafjustiz Betrug, Bilanzfälschung und Unterschlagung vorgeworfen. Ob Eugen Vorndran diese Straftaten wirklich begangen hat, ist unbekannt.  Ziel der NS-Strafjustiz war es, die Ehre des Angeklagten zu vernichten und ihn zum Straftäter zu machen. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte Eugen Vorndran zu drei Jahren Zuchthaus und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Erst 1941 kam der Verurteilte aus der Haft frei. Am 6.4.1945 starb er als psychisch gebrochene Persönlichkeit in seiner Heimatgemeinde Oberthulba. Eugen Vorndran (1897 - 1945) wurde Opfer der NS-Gewaltherrrschaft. Quellen: Strafakte Eugen Vorndran, Landgericht Schweinfurt, Staatsarchiv Würzburg.


 

 

 

Hammelburger Zeitung, 28. September 1935

 


 

Ein großer Teil der verurteilten Homosexuellen wurde nach Verbüßung der Haftstrafe entweder von den Justizbehörden direkt ins Konzentrationslager überstellt oder bald nach der Entlassung wieder in „Schutzhaft“ genommen, was ebenfalls die Einlieferung ins Konzentrationslager bedeutete. Dort wurden die homosexuellen Männer besonders gekennzeichnet, zunächst mit einem großen A wie im KZ Lichtenburg, später nach Einführung einheitlicher Häftlingskategorien mit dem "Rosa Winkel".

Damit wurden sie als Angehörige einer am unteren Ende der Lagerhierarchie rangierenden Gruppe gebrandmarkt. Die Behandlung durch die SS-Mannschaften war oft besonders grausam. Oft blieb den homosexuellen Häftlingen auch die Solidarität ihrer Mitgefangenen versagt. Die Überlebenschance der Männer mit dem "Rosa Winkel" in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern war aus diesen Gründen sehr gering.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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