Familie Juda Strauß - Bahnhofstraße 14- alte Hausnummer 202

  

Gustav Strauß

  

 

Im 19. und 20. Jahrhundert wohnten verschiedene jüdische Familien namens Strauß bzw. Straus in Hammelburg. Gustavs Vater war Juda Strauß, geb. am 21.5.1859 in Hüttengesäß (Gemeinde Ronneburg, Hessen). Juda Strauß war verheiratet mit Jetta Stiefel, die am 20.4.1857 in Westheim bei Hammelburg geboren wurde. Quellennachweis: Standesamt Hammelburg.

Juda und Jetta Strauß wohnten seit ca.1890 in Hammelburg in der heutigen Bahnhofstraße 14 (alte Hausnummer 202). Der Vorbesitzer des Hauses Nr. 202 war der jüdische Viehhändler Moses Kleemann, geboren am 26.7.1835 in Westheim, gestorben am 8.7.1880 in Hammelburg. Quellennachweis: Stadtarchiv Hammelburg, Karl Stöckner, Fundmaterialien.

Gustav Strauß wurde am 25.12.1892 in Hammelburg geboren. Ein weiterer Sohn der Familie war Ludwig, geboren am 19.4.1894. Eine Tochter der Familie Strauß war Selma, geboren am 15.11.1895.

Am 27.9.1912 starb der Vater Juda Strauß. Am 21.4.1915 starb Mutter Jetta. Am 23.9.1916 starb auch Ludwig, Gustavs Bruder. Ludwig Strauß war Infanterist des 5. Bayer. Infanterie Regiments. Er wurde Opfer des Ersten Weltkriegs und starb in einem Festungslazarett in Köln. Quellennachweis: Stadtarchiv Hammelburg, Karl Stöckner, Fundmaterialien, Seite 107.

Die Eltern fanden ihre letzte Ruhestätte im Jüdischen Friedhof Pfaffenhausen bei Hammelburg. Der jüdische Friedhof wurde in der NS-Zeit schwer geschändet, so dass die Grabstätten von Juda und Jette Strauß heute nicht mehr identifizierbar sind. Die Verstorbenen der Jahre 1912 und 1915 liegen in der Reihe 38 begraben. Quellennachweis: Karl Stöckner, Dokumentation zum Jüdischen Friedhof Pfaffenhausen, Hammelburg 1992/1993.

Mitte der 1920er Jahre verkaufte Gustav Strauß seinen Erbteil am Elternhaus in der Bahnhofstraße 14. Nach Recherchen des Wiesbadener Historikers Dr. Hans-Joachim Pierperhoff ließ er sich bereits 1926 in Wiesbaden nieder. 1928 ging das Elternhaus in Hammelburg gänzlich in den Besitz des jüdischen Kaufmanns Hugo Straus aus Hammelburg über. Quellennachweis: Hammelburger Zeitung, März/April 1928. Nach Auskunft des Stadtarchivs Wiesbaden wurde Gustav Strauß erstmals 1929 im Wiesbadener Adressbuch genannt:

"Erstmals wird Gustav Strauß im Adressbuch 1929 erwähnt: Schuhwaren, Moritzstr. 40. Die Moritzstr. 40 in Wiesbaden bleibt seine Wohnanschrift bis 1942. Am 16.02.1942 erfolgte die Einweisung in das Judenhaus Adelheidstraße 94. Laut einem Jüdischen Adressbuch von 1935 und einer Jüdischen Einwohnerkartei von 1939 ist er ledig, seine Berufsbezeichnung war „Kaufmann“. Am 1.9.1942 erfolgte seine Deportation mit ca. 370 weiteren Wiesbadener Bürgern nach Theresienstadt, am 23. Januar 1943 wird er nach Auschwitz deportiert und ermordet."  Quellennachweis: Stadtarchiv Wiesbaden.

 

 

Erinnerungen an die Familie Juda Strauß

 

Hammelburger Journal, 2.1.1890

   

 

 

 Foto unten:

Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs

am Rathaus in Hammelburg 

Strauß Ludwig  + 23.9.1916, der Bruder Gustavs fiel im 1. Weltkrieg.

 

 

 

 

Foto unten:

Die Bahnhofstraße in Hammelburg um 1900

Das Elternhaus des Gustav Strauß ist gelb umrahmt.

Der Vorbesitzer des Hauses mit der alten Hausnummer 202 war

der gebürtige Westheimer und jüdische Viehhändler Moses Kleemann (1835 - 1880).

 


 

 

Foto unten:

Im Hinterhof befand sich das Wohnhaus der jüdischen Familie Juda Strauß.

Zur Straße hin lag das Geschäft (Schuhwaren).

 

 

 

 

Foto unten:

Annonce des Schuhgeschäfts Strauss

in der Hammelburger Zeitung vom  24. März 1928

 

 

 

 

Foto unten:

Annonce des neuen Besitzers Hugo Straus

Hammelburger Zeitung, 7. April 1928

Hugo Straus floh am 4. März 1938 mit seiner Familie in die USA.

Das jüdische Schuhwarengeschäft ging am 10.2.1938 in nichtjüdischen Besitz über.

Quellennachweis: Karl Stöckner, Fundmaterialien, Seite 37 und 43.

 

 

 

 

Foto unten:

 

Jüdischer Friedhof Pfaffenhausen

 

In der Grabreihe 38 wurden die im Jahr 1912 /1915 Verstorbenen beerdigt.

Das Grab des Juda Strauß (+ 27.9.1912)

und seiner Ehefrau Jette (+ 21.4.1915) ist nicht mehr bestimmbar.

 

Inschriftentafeln an den Grabsteinen

fehlen oder sind abgesandet.

Das Grablegungsbuch der Gemeinde Pfaffenhausen

für den Jüdischen Friedhof

ist in der Nachkriegszeit verschwunden.

 

 

 

   
     

 

Grabsteine der Reihe 38 - entfernte Inschriftentafeln

Zeichen der Schändung

 

 

Während des Pogroms im November 1938 wurden Inschriftentafeln aus Marmor oder Metall von Grabsteinen abgenommen und zerstört. Tafeln aus Metall wurden zu Kriegs- und Rüstungszwecken eingeschmolzen. Die NSDAP Hammelburg richtete nach dem Pogrom im November 1938, und nachdem die Stadt im März 1939 "judenfrei" geworden war, im ehemaligen Synagogenhof in der heutigen Dalbergstraße 57 eine Altmetall-Sammelstelle ein. Dorthin wurden die metallenen Inschriftentafeln aus dem Jüdischen Friedhof Pfaffenhausen gebracht und zur Einschmelzung weitergegeben. Der jüdische Friedhof Pfaffenhausen wurde nach der Schändung regelrecht "ausgeschlachtet". Grabsteine wurden zum Hausbau verwendet, zum Straßenbau und zur Befestigung des Saaleufers bei Pfaffenhausen. Das schöne schmiedeeiserne Eingangstor, das bis 1939 den jüdischen Friedhof zierte, wurde ausgebaut und in einem Gehöft im Landkreis Hammelburg eingebaut. Das einstige Taharahaus rechts des Eingangs wurde  abgetragen. An dessen Stelle entstand ein kleineres Gebäude. Es wurde das Büro einer "braunen" Kindergartenschwester der NSV. Die Gemeinde Pfaffenhausen richtete nach der Schändung auf dem Friedhofsgelände einen Kindergarten der NSV ein. Die "braune" NSV-Schwester kam aus Düsseldorf. Quellennachweis: Zeugenaussagen vor der Spruchkammer Hammelburg 1946/1948.